Die heutige Migration nach Europa ist vergleichbar mit der Migrationsbewegung, die Doug Saunders in seinem bekannten Buch Arrival City beschreibt. Hier bauen sich Neuankommende ohne staatliche Unterstützung selbst Unterkünfte, qualifizieren sich beruflich und sprachlich und erarbeiten sich eine wirtschaftliche Grundlage durch die Gründung von Kleinstunternehmen. Auch wenn die entstehenden informellen Siedlungen kein Vorbild für europäischen Städte sind, können wir dennoch davon lernen, wie die Neuankommenden sich aktiv an der Integration beteiligen.
Arrival City 4.0 übersetzt diesen Ansatz in einen europäischen Kontext. Unser Konzept gibt eine klare Struktur vor, die dafür sorgt, dass die Gebäude den hiesigen technischen, städtebaulichen und baukulturellen Anforderungen genügen und die Außenwirkung der Gebäude ansprechend und nachhaltig ist. Arrival City 4.0 ist ein ausbaufähiges Konzept. Mit einer geringen Erstinvestition können in kurzer Zeit einfache Unterkünfte gebaut werden. Aber anders als normale Notunterkünfte (Zelte, Container) eröffnet Arrival City 4.0‚ Chancen, zeitnah in ein dauerhaftes Gebäude konsolidiert zu werden, das einen wertvollen Teil der Stadt darstellt.
In unserem Konzept haben die Neuankömmlinge die Möglichkeit, bei dem Aufbau ihres neuen Zuhauses mitzuhelfen. Das Bausystem besteht als Primärstruktur aus Holz (Balken und Stützen), Treppen-Kern (Aufzug kann nachgerüstet werden), einer basalen Gebäudehülle aus transluzenten Polycarbonat-Platten sowie je einem Bad und einer Küche je Etage. Dieses Grundsystem kann mit einem Innenausbau, weiteren Fenstern und Sanitäranlagen ergänzt werden. Der Ausbau kann zudem durch eine Zusammenarbeit von Geflüchteten und Freiwilligen geschehen. In der gemeinsamen Arbeit entstehen Kontakte und nachbarschaftliche Beziehungen. Der Ausbau, wie Innenwände und Möbel für die Wohnungen, entstehen in dem im Gebäude untergebrachten Fab-Lab nach einem Open-Source-Prinzip. Das Projekt wird Teil des Wiki-Haus-Netzwerks, welches Entwurfsmuster für Gebäude und Möbel sammelt, austauscht und zur Verfügung stellt.
Projektentwicklung, Entwurf und Konstruktion
2015 – 2016
Fläche
1600 m2
KG 300+400:
1.500.000 Euro
Preise und Ausstellungen
– ausgestellt im finnischen Pavillon der Architektur-Biennale 2016, Venedig
– ausgezeichnet durch Ideen werkstatt Werkbund, München
– nominiert für den Berlin Award 2016